Schlussstrich

15 Jahre Ausstellungs- und Messe-Design an der Fakultät Design und Kunst der Bergischen Universität Wuppertal 11/2015

Mit dem Sommersemester 2015 wird das Lehrgebiet für Ausstellungs- und Messedesign an der Bergischen Universität Wuppertal im Fachbereich Design und Kunst aufgegeben. Das Fach war über Jahrzehnte eine der tragenden Säulen des Studiengangs Kommunikationsdesign und wurde bis zu seiner Erkrankung Mitte der 1990er Jahre von Wolfgang Körber verantwortet. Dem Ende dieses einzigen Lehrgebiets dieser Ausprägung an einer deutschen Universität ging in Wuppertal die Auflösung des Studienganges Kommunikationsdesign im Jahre 2010 voran, der in der neuen Struktur des Kombinatorischen Bachelor keinen Platz finden sollte.

Losgelöst von den institutionellen Windungen haben Studierende in Wuppertal über 15 Jahre das Ausstellungswesen im weitesten Sinne erforscht und kreativ ausgelotet. Schon früh ist von ihnen der Leitfaden „How to make an Exhibition“ in Angriff genommen worden, den sie im Sommersemester 2015 vollendet haben. Diese Handreichung bildet gleichsam den redaktionellen Teil des hier abrufbaren Kataloges, in dem hunderte von Werken Studierender aus den letzten 15 Jahren den Bildteil ausfüllen. In Arbeitsgruppen erfassten einige der Studierenden die Objekte, andere fotografierten sie, eine Gruppe kümmerte sich um die Restaurierung – nicht im Sinne der klassischen Restaurierung, sondern zum Erreichen eines ausstellbaren Zustands –, andere übernahmen die Daten, um sie in den Katalog einzupflegen und sie für die Ausstellung zu erläutern, und eine weitere Gruppe beschäftigte sich mit der Gestaltung und Realisierung der Ausstellung. Ein Gemeinschaftswerk von Studierenden für Studierende.

Das Lehren und Forschen im Bereich Ausstellungswesen an einer Hochschule mit einer Designfakultät wendet sich nur an einen Teil der Studierenden, obwohl Ausstellungsmachen alle betrifft, denn alle Studierenden im Design stellen ihre Arbeiten aus. Die Studierenden eines Konzeptions- und Entwurfsprojekts hatten pro Semester vier Teilleistungen zu erbringen, die allesamt benotet wurden: 1. Recherche eines vergleichbaren, fertiggestellten Projekts mit Handout in vorgegebenem Layout und Präsentation mit Beamer. 2. Verbale und bildliche Präsentation der Entwurfsidee mit Herleitung und Skizzen. 3. Eines oder mehrere Plakate, die die finale Idee grafisch ansprechend und selbstredend darstellen. 4. Arbeitsmodell.

Richtig verstandene Ausstellungsgestaltung bewegt sich grenzübergreifend in den Feldern der Innenarchitektur, der Typografie, der Bildwissenschaft, des Produktdesigns, der Lichtgestaltung, der Statik- und Festigkeitslehre, sowie des Maschineningenieurwesens. Könnte man geneigt sein, zu sagen, dass bei einer gewissen Beherrschung dieser sieben Fachrichtungen Kreativität und Organisationstalent nebenbei geschult werden? Kreativität ist gleichsam die achte Kammer in Blaubarts Schloss, eine Kammer, die dank des Wissens, das in den vorhergehenden sieben Kammern vermittelt wurde. Die Kreativität ruht im Verschlossenen jedes einzelnen. Macht nicht gerade das umfassende Wissen um die Komplexität unseres Fachgebiets den Unterschied zu dem Ausstellungsmachen aus, das jeder gestalterisch Tätige auf seine Weise anzuwenden weiß?

Denn eigentlich sind wir gelernten Ausstellungsgestalter nur für die letzten 10% des Werkes wirklich zuständig. Die ersten 90% können viele. Die meisten Gestalter sind der Meinung, fertig zu sein, wenn objektiv noch 10% fehlen, um dann das Werk als vollendet zu verkaufen. Also üben wir die letzten Meter vor dem Erreichen des Gipfels ganz besonders, denn dann heißt es auch, seine bisherigen Schritte zu analysieren und Hindernissen aus dem Weg zu gehen, ohne das Ziel aus den Augen zu verlieren.

Die Frage, ob Kreativität erlernbar sei, oder womöglich angeboren, wird nicht einheitlich beantwortet. Gewisse Mängel an Kreativität lassen sich durch Ersatzkenntnisse und -tugenden ausgleichen. Eine gute Allgemeinbildung hilft dabei besonders und erleichtert das Gespräch mit Kuratoren und Auftraggebern. Das Beherrschen des Dreisatzes verhindert Missverständnisse bei Massen und Maßen sowie Größen und Kosten. Die Bereitschaft sich mit neuen Themen, auch wenn diese einen anfangs nicht berühren, auseinanderzusetzen, schult das ästhetische Empfinden, welches zwingend mit Ausstellungsbesuchen und Teilnahme an anderen kulturellen Darbietungen immer aufs Neue geschärft werden muss. Nie dürfen wir vergessen, dass man uns im Feld der angewandten Kunst sucht. Die Ergebnisse unserer Arbeit haben dienenden Charakter. Ob es der Kreativitätsschulung dient, die unsichtbaren Wirklinien des Zeitgeists zu erspüren; herauszufinden, was ›in der Luft liegt‹, ohne Werbekampagnen auf den Leim zu gehen?

Die Ausstellung und des unten stehenden Katalog zeigen an die 300 Werke, die Studierende in den vergangenen 15 Jahren in den Entwürfen und Vertiefungen, die jedes Semester angeboten wurden, erarbeiteten. Für viele Studierende war es im Laufe ihres Studiums die einzige Veranstaltung mit dem Übertitel ›Konzept und Entwurf‹ – zumindest seit der Einführung der Bachelor-Studiengänge im Kombinatorischen Bachelor. Die Aufgabenstellungen berührten die ganze Bandbreite von Ausstellungs-, Museums-, Messe- und Innenraumgestaltung. Gruppenarbeiten waren die Ausnahme, es lag uns vielmehr daran, die Studierenden vor die Herausforderung zu stellen, analog und digital ihre ureigenen Ideen nonverbal zu formulieren.

Die Auswahl der Objekte zeigt weder eine Rangfolge noch ist aus dem Umfang der einzelnen 30 Kapitel eine Wertung herauszulesen. Eine gewisse Zufälligkeit des Sammelns ist nicht zu leugnen. Sammeln erfordert Personal und Platz, aber auch Systematik und Überzeugungskraft, denn nicht alle Arbeitsergebnisse sind von den Studierenden gern im Lehrgebiet belassen worden. Gleichsam als Dank sollen die gesammelten Objekte, in einen gemeinsamen Kontext gebracht, im Foyer des Gebäudes I der Bergischen Universität Wuppertal für zwei Wochen zu sehen sein.

Am Betrieb des Lehrgebiets für Ausstellungs- und Messe-Design wirkten Studentische Hilfskräfte mit, unter ihnen Stefan Buchner, Philipp Schröder, Daniela Nählen, Carolin Herrmann, Robin Höke, Olaf Mehl, Prakash Sivayoganayagam und Benny Borgwardt. Wissenschaftliche Hilfskräfte waren Victoria Rozhina und Kirsten Pick und einzige Wissenschaftliche Mitarbeiterin Katharina Drasdo. Sie alle haben Besonderes geleistet und dem Lehrgebiet wertvolle Akzente vermittelt. Während des Studiums und auch nach erfolgreichem Abschluss begleiteten Dino Schleimer und Kolja Thomas das Lehrgebiet über Jahre und hielten uns immer wieder einen Spiegel vor Augen. Ihnen allen gebührt im Namen der Bergischen Universität Wuppertal herzlicher Dank, verbunden mit dem Wunsch, dass die Zeit in unserem Lehrgebiet für den beruflichen Werdegang jedes Einzelnen ein sinnvoller Baustein war. Alle waren auch in Phasen institutioneller Ungewissheit optimistisch – man muss sich also keine Sorgen um den erfolgreichen Nachwuchs machen.

Ohne die Hilfe der Stadtsparkasse Wuppertal hätte der Katalog nicht erscheinen können. Die Spende des Geldinstituts ist Zeichen für die enge Verknüpfung von Wirtschaftsstandort und Universität. Bestimmt können auch zukünftige Aktivitäten auf diese Allianz bauen.

Den Studierenden der drei Fächer Mediendesign und Designtechnik, Farbtechnik/Raumgestaltung/Oberflächentechnik und Kunst, die den letztmalig möglichen Entwurf in unserem Lehrgebiet im Sommersemester 2015 belegt haben, wurde viel abverlangt. Sie bewiesen eine Tugend, ohne die keine kreativen Projekte machbar sind: Fleiß. Eine schöne Ausstellung und ein opulenter Katalog mögen den Einsatz kompensieren.

Aus dem Vorwort von Professor Jürg Steiner aus dem Katalog ›Schlussstrich‹,
herausgegeben von der Bergischen Universität Wuppertal, Wuppertal 2015

Fotografien
Prof. Jürg Steiner

Katalog
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Bergische Universität Wuppertal